Kirchengeschichte & -schätze

Anne Wiegand vom Bistum Regensburg referierte im Herz-Jesu-Pfarrheim.

Über historische Zeugnisse der Herz-Jesu-Pfarrei referierte Anne Wiegand vom Bistum Regensburg im Pfarrheim. Sie teilte bemerkenswert viel Wissenswertes auch über die Geschichte des Ortes und ihrer Pfarrei den aufmerksamen Zuhörern in einer großen Bilderpräsentation mit.
 
Die Kunsthistorikerin war bereits im April 2021 für einige Tage in der Pfarrei unterwegs, um die Pfarrkirche Herz Jesu sowie die Kapelle Schmerzhafte Muttergottes in Ahornberg zu inventarisieren – immer mit Meterstock und Fotoapparat bewaffnet. Nachdem die Referentin Auftrag und Ziel der Inventarisierung den rund 25 Zuhörern darlegte, ging sie auf das Bistum Regensburg mit ihren über 2.000 sakralen Gebäuden ein. Pfarrgemeinderatssprecher Roman Melzner dankte am Ende unter dem Applaus der Zuhörer, darunter auch Pfarrer Markus Bruckner und Kaplan Justin Kishimbe der Referentin mit einem Blumenstrauß und einer aus Holz gefertigten Nachbildung der Herz-Jesu-Pfarrkirche, welche ebenso beim traditionellem KAB-Adventsbasar am 19. November erhältlich ist.
 
Das kleine Örtchen Immenreuth wurde nur kurze Zeit von Oberndorf betreut, ehe es Mitte des 12. Jahrhunderts zur Pfarrei Kulmain kam, so Wiegand eingangs. Die wohl erste urkundliche Erwähnung datiert auf das Jahr 1283 in Verbindung mit einem Tauschvertrag der Landgrafen von Leuchtenberg, welche damals auch Herren auf Waldeck waren. 1554 wurde das Dorf lutherisch und wechselte in den folgenden Jahrzehnten mehrmals zwischen lutherischem und kalvinischem Glauben. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts musste man in den rund drei Kilometer entfernten Nachbarort Kulmain pilgern, um dort den Gottesdienst zu besuchen. Peter Baumann, von 1908 bis 1916 Pfarrer in Kulmain, setzte sich deshalb verstärkt für die Errichtung einer Kirche in Immenreuth ein. Die Planungen mussten jedoch mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf Eis gelegt werden.
 
Konkrete Planungen wurden erst wieder aufgegriffen, als Pfarrer Josef Weig 1933 nach Kulmain kam und von Bischof Michael Buchberger damit beauftragt wurde, den Bau einer Kirche zu forcieren. Ende Juli 1931 gründete man dann eine vom Staatsministerium genehmigte Filialkirchenstiftung. Letztendlich entschied man sich für den Entwurf des Münchner Architekten Georg Holzbauer, sodass am 15. Juli 1934 die Grundsteinlegung und am 7. Dezember desselben Jahres bereits die Benediktion gefeiert werden konnte. Es entstand eine am nördlichen Ortsrand gelegene hell verputzte Saalkirche mit biberschwanzbedecktem Satteldach. Der Kirchturm verfügt über einen sehr schlanken mit Kupfer gedeckten und markanten Zwiebelhelm mit einer schmalen, langgezogenen Spitze, bemerkte die Referentin.
 
Orgel aus der zerbombten Regensburger Wolfgangskirche
 
Der Altar kam 1935 zur Aufstellung, sodass die Kirche am 7. September desselben Jahres durch Bischof Michael Buchberger geweiht werden konnte. Im November 1935 wurde ein erster Kreuzweg errichtet und im folgenden Jahr der Pfarrhof erbaut. Die bemerkenswerten Kreuzwegfresken wurden 1942 von dem Münchner Kirchenmaler Gotthard Bauer aus Niederbayern geschaffen, der viele Kirchen in der nördlichen Oberpfalz und in Oberfranken gestaltet hat, wie in Kirchenlaibach, Poppenreuth oder in der Pfarrkirche St. Josef in Marktredwitz. Nach dem Krieg verlagerte man die Empore nach vorne und installierte 1946 eine Orgel aus der zerbombten Regensburger Wolfgangskirche. Diese Orgel wurde 1978 durch ein neues, größtenteils von der Pfarrgemeinde finanziertes Instrument ersetzt.
 
1948 wurde Immenreuth zur Pfarrkuratie erhoben. 1952 wurde die bis dahin auf dem Hochaltar platzierte Oberammergauer Christusfigur in der Friedhofskapelle aufgestellt und damit der Plan, diese zu einer Kreuzigungsgruppe zu erweitern, verworfen. Stattdessen schuf der Regensburger Bildhauer Guido Martini jene Kreuzigungsgruppe, welche 1955 errichtet wurde und noch heute das Chorhaupt schmückt. Die Gipsfiguren der Seitenaltäre wurden 1956 durch die Holzfiguren Maria und Josef ersetzt. 1963 wurde Immenreuth zur Pfarrei erhoben. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erfolgte eine Umgestaltung des Altarraums. So errichtete man zunächst einen provisorischen Holzaltar, um 1968 schließlich den Altar um zwei Meter nach vorne zu rücken. Den Tabernakel versetzte man auf den linken Seitenaltar. 1971 wurde eine Heizung eingebaut und 1978 kam der Ambo zur Aufstellung.
 
Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Ahornberg findet sich in einer Beschreibung der Herren zu Waldeck aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, wobei Anne Wiegand zitierte, dass „das Dörflein Ahornperch, am Südhang des Gebirgs gelegen, mit sieben Höfen und mehreren Gütlein, zur Pfarrei Kulmain gehörig“ ist.  Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierte im Ort nur eine Holzkapelle mit einem Gnadenbild, welche allmählich verfiel. Beim Bau des neuen Forsthauses im Jahr 1822 wurde dieser Platz dann als Kalkgrube verwendet, in welche jedoch das Kind des Oberförsters hineinfiel. Wie durch ein Wunder konnte das Kind unverletzt geborgen werden, woraufhin der Förster gelobte, eine neue Kapelle errichten zu lassen, welche nach seiner baldigen Versetzung jedoch erst 1837 vollendet werden konnte. Kurz nach ihrer Errichtung war die Kirche nur spärlich ausgestattet.
 
Ahornberger Kreuzweg von Kemnather Maler Wild gefertigt
 
Erst 1907 wurde diese erneuert, eine Sakristei angebaut und ein vom Bischof konsekrierter Altarstein mit den Reliquien heiliger Märtyrer eingebettet, sodass einmal in der Woche ein Schulgottesdienst stattfinden konnte. Die Benediktion konnte am 21. Oktober 1908 durchgeführt werden. 1934 ging der Bau dann an die Gemeinde Ahornberg. 1943 wurde die historische Bronzeglocke abgenommen und behelfsmäßig das Stahlglöckchen, das zuvor auf dem Hirthaus in Immenreuth zum Angelus geläutet hatte, aufgehängt. 1955 wurde unter Pfarrer Blas die Ausstattung des kleinen Kirchleins gründlich renoviert und ein Tabernakel installiert. Im Mai des folgenden Jahres nahm man die Stahlglocke ab und ersetzte sie durch eine neue Bronzeglocke der Landshuter Gießerei Hahn.
 
Im Jahr 1978 erhielt die Kapelle dann den Status eines Baudenkmals und ging an die Gemeinde Immenreuth über. Eine Renovierung, insbesondere des einsturzgefährdeten Altars wurde zwischen 1981 und 1982 durchgeführt. Auch der Volksaltar wurde errichtet. Über dem Türsturz ist das Jahr der Erbauung 1837 eingeschrieben. Im Giebeldreieck befindet sich eine rundbogige Nische, in die die Figur des Johannes Nepomuk eingestellt ist. Beim Betreten der kleinen Kirche fällt der Blick sofort auf den Hochaltar, welcher vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt wurde. In der mittleren Nische erscheint ein Vesperbild, in der linken Nische Johannes der Evangelist und in der rechten die Figur der Heiligen Barbara. In der Mitte über dem Altar thront eine Dreifaltigkeitsgruppe mit der Krönung Mariens, welche aus dem späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert stammt, so Wiegand.
 
Ein weiteres schönes Stück in der Ahornberger Kirche ist der klassizistische Kreuzweg, welcher zwischen 1800 und 1820 entstanden sein dürfte, führte die Referentin fort. Dieser ist auf Metall gemalt. Der Ahornberger Kreuzweg weist Ähnlichkeiten zum Mockersdorfer auf, welcher 1823 von Johann Baptist Wild – einem Maler aus Kemnath – gefertigt wurde. Daher liegt es nahe, dass Wild auch den Ahornberger Kreuzweg malte. Auch diese, aus Blech getriebene Kreuzwegstationen zeigen mehrfigurige Szenen mit oben aufgesetzter Stationsnummer. Die ältesten Objekte in der Kirche sind die beiden am Chorbogen präsentierten Figuren, die vom selben Künstler gefertigt worden sein könnten. Sowohl Johannes der Täufer als auch der heilige Ulrich von Augsburg stammen vermutlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Runenartigen Figuren bei Kapelle Ahornberg

Viel diskutiert beim Vortrag „Kirchenschätze“ von Anne Wiegand wurde auch über die „geheimen“ Zeichen oberhalb der Eingangspforte der Ahornberger Kapelle Schmerzhafte Mutter Gottes.
 
Auf die Frage, was die eigentümlichen Zeichen links und rechts der Jahreszahl über der Tür bedeuten, hatte die belesene Referentin zwei mögliche Antworten. Erstens, dass es sich um eine Art Hausmarke oder Personenzeichen handelt. Diese runenartigen Figuren wurden früher oft auf dem Türsturz als Besitz- oder Eigentumskennzeichen angegeben, so Wiegand. Eventuell handelt es sich um ein solches Zeichen des damaligen Försters, der den Bau der Kapelle anstieß und förderte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich um Steinmetzzeichen handelt, wie man sie in ähnlicher Form auch am Regensburger Dom oder in Wien findet. Das Steinmetzzeichen gehört zu den Zeichen, mit denen Handwerker ein Objekt als ihr Werk kennzeichneten. An vielen Bauten, vor allem an mittelalterlichen Kirchen, sind heute noch die Steinmetzzeichen zu erkennen. Sie zeigte dabei einige Beispiele, die in der Form den Ahornbergern Zeichen zumindest ähneln und ebenso in Regensburg oder Wien gefunden wurden.