Das Leben der Thomas-Christen

Referent Sebastian Kistler von der missio München

Am Dienstag, den 16 Mai, spendet in Bischof Bosco Puthur aus Melbourne das Sakrament der Heiligen Firmung in der Herz-Jesu-Pfarrkirche. Der Geistliche gehört zu den aus Indien abstammenden Thomaschristen. Über deren Geschichte und Entwicklung referierte vor kurzem Sebastian Kistler von der missio München im Pfarrheim.

 

Zu der Veranstaltung zu der der Pfarrgemeinderat zusammen mit der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) aus Tirschenreuth eingeladen hatte, konnte deren Sprecherin Marita Doleschal auch Gisela Wenning von der KEB, Pastoralreferent Robert Schultes aus Kirchenlaibach und den Pfarrer in Ruhestand Siegfried Wölfel aus Friedenfels, bei dem der Bischof während seines Deutschlandaufenthaltes wohnt, begrüßen. Die Entwicklung in Indien der Thomaschristen blickt auf eine fast 2000-jährige Geschichte zurück und hängt eng mit der Verankerung in der Ostkirche und der Kolonialgeschichte zusammen, so der Referent eingangs.  Es gibt insgesamt 24 sogenannte Rituskirchen in unserer römischkatholischen Kirche.

 

Zum einen die Westkirche mit dem römischem Ritus, so wie wir sie kennen, und zum anderen insgesamt 23 katholische Ostkirchen, darunter auch die syro-malabarische Kirche der Thomaschristen. Als Gemeinsamkeiten haben alle Rituskirchen, dass sie den Papst als ihr Oberhaupt ansehen. Die Unterschiede liegen darin, dass die meisten Ostkirchen eine eigene Jurisdiktion unter Patriarchen oder Großerzbischöfen zusätzlich besitzen.  Die syro-malabarische Kirche hat über 3 Millionen Gläubige. Die Ursprünge der Thomaschristen gehen dabei auf das Jahr 52 nach Christus zurück, auf die Ankunft des Apostels Thomas an der Süd-West-Küste Indiens. Dieser wirkte dort und baute unter anderem sieben Kirchen auf. Er starb den Märtyrertod in Mailapur in der Nähe von Chennai.

 

Im Jahre 345 nach Christus kam der syrische Kaufmann Thomas Cana mit einem Bischof und Priestern aus Mesopotamien nach Indien, was zur Folge hatte, dass die Thomaschristen den ostsyrischen Ritus, die ostsyrische Schrift und Sprache übernahmen. Seit dem achten Jahrhundert unterstanden die Thomaschristen dem ostsyrischen Patriarchen in Bagdad. Es folgten bis dahin durch verschiedene kirchliche Konzile immer wieder neue Entwicklungen, die die komplette Ostkirche immer wieder veränderte. Kurz vor der Landung der Portugiesen im 15. Jahrhundert arbeiteten die Thomaschristen in der Landwirtschaft, betrieben Handel und leisteten Militärdienst. Sie hatten eine hohe Stellung im Kastenwesen, deren Lebensweise stark an das Hindu-Brauchtum angepasst war.

 

Mit der Landung der Portugiesen im Jahre 1498 kommt Vasco da Gama an der Malabarküste an und mit ihm Entdecker, Kolonisten und lateinische Missionare. In den eroberten Gebieten erhielt der König von Portugal die kirchliche Jurisdiktionsgewalt. Ab jetzt wurde aber auch immer mehr die Unterschiede in den Traditionen beider Kirchen offensichtlich und die Menschen wurden ohne Rücksicht auf syrische Traditionen dem lateinischen Ritus einfach eingegliedert. Bei der Synode von Diamper im Jahre 1599  folgten Beschlüsse zur vollständigen Eingliederung der Thomaschristen in den lateinischen Ritus, was die Abschaffung aller Bräuche mit hinuistischen Einflüssen zur Folge hatte. Die Priesterehe wurde verboten und alle kirchlichen Texte der Thomaschristen mussten korrigiert oder gar verbrannt werden.

 

Diese Beschlüsse der Synode wurden aber nie von Rom bestätigt und wurden als „Räubersynode“ bezeichnet. So kam dennoch, was kommen musste, so der Referent. Es folgte die erste Kirchenspaltung der Thomaschristen. Erzdiakon Thomas Parambil ließ sich von zwölf Priestern die Hände auflegen und wurde zum Gegenbischof ausgerufen. Er ließ sich von den lateinischen Bischöfen nicht zur Aufgabe des Titels bewegen, welche ihn dafür exkommunizierten. So kam es zu zwei getrennten Gemeinschaften, den bei Rom verbleibenden Thomaschristen und den westsyrischen Patriarchen unterstellten Thomaschristen. Die Entwicklungen bei den lateinischen Thomaschristen war geprägt durch einen harten Umgang der Kolonialmächte mit den Gläubigen und Priestern. Viele Thomaschristen wünschten sich wieder zum ostsyrischen Patriarchen zurück und es folgte die Abspaltung der „Assyrischen Kirche des Ostens“ und die Rückkehr zu den eigenen liturgischen Wurzeln.

 

Im Jahr 1923 erfolge schließlich eine Neuorganisation der syro-malabarischen Kirche. Beim II. Vatikanisches Konzil wurden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit der katholischen Ostkirchen endlich anerkannt. Im Jahr 2006 gab Papst Johannes Paul II. der syro-malabarischen Synode das Recht, ihr Oberhaupt selbst zu wählen. Papst Benedikt XVI. bestätigte die Wahl und ernannte diesen im Jahr 2012 sogar zum Kardinal. Das Selbstverständnis der Thomaschristen liegt seither in den apostolischen Wurzeln und der Verbindung mit Rom. Es ist geprägt von der Treue zu den Traditionen und den Beziehungen zu den Hindus, so Kistler. Die syro-malabarische Kirche hat zudem auffallend viele Berufungen zu Priestern. Auch der an diesem Abend anwesende Pfarrvikar aus Kemnath Joseph Meenpuzhackal  konnte aus eigenen Erfahrungen über den Ritus der Thomaschristen viel berichten. Kaplan Justin Kishimbe dankte dem Refereten für seine Ausführungen mit einem kleinem Präsent.