Werteverfall in der Gesellschaft

Immenreuth. (mez.) Den Pastoralreferenten und Betriebsseelsorger aus dem Nachbar-Erzbistum Bamberg Eckart Schneider hatte die KAB zu Gast bei ihrem Bildungsabend im Pfarrheim zum Thema „Werteverfall in Arbeit und Familie“.  Vorsitzende Claudia Porst begrüßte trotz des schwülen Sommerabends unter den vielen Zuhörern auch Pfarrer Markus Bruckner und Pater Jakob Kudilumgal.
 
Der in Kronach wohnende und verheiratete dreifache Familienvater als Referent des Abends stellte eingangs fest, dass er weniger einen Werteverfall als mehr einen Wertewandel in unserer modernen Gesellschaft feststelle. Befristete Arbeitsverhältnisse, Flexibilisierung, Mobbing, prekäre Arbeit ganz allgemein und sogar Burn-out seien heute Begriffe, die man vor wenigen Jahren oder Jahrzehnten noch nicht kannte, wenngleich auch damals solche Erscheinungen schon vereinzelt gegeben waren. Die immer mehr um sich greifende Pluralität in unserer Gesellschaft bringe es aber heute mit sich, dass sich diese Probleme häufen.

Die Tatsache, dass nichts beständiger sei als der Wandel, bestätigt sich in der Familie, in der Erziehung und in der Arbeitswelt nahezu täglich. Bei einer heute etwa vierzigprozentigen Scheidungsrate (!) tritt ein weiteres Problem der so genannten Alleinerziehenden immer mehr in den Vordergrund. Erziehungs- und Familienbilder werden immer unterschiedlicher, so der Referent. Mütter könnten es heutzutage machen wie sie wollten, sie würden es nie richtig tun. Denn was für die einen überkommen und veraltet ist, halten deren Gegner für modern und zeitgemäß.
 
Wenn unsere Eltern einmal darauf bedacht waren, dass wir es einmal besser haben sollten, dann müssen wir heute erkennen, dass deren Maßstäbe längst überholt und deshalb nicht mehr aktuell seien. Die heute im Vordergrund stehenden Forderungen erzeugen immer mehr Druck auf alle Beteiligten. Forderungen nach Sonntagsarbeit, Freizeitgestaltung und dergleichen nehmen den Familien den letzten Rest von gemeinsamen Zeiten.

Unsere Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft mit den Forderungen nach Just-in-time, die Dauerberieselung mit Werbung aus allen Kanälen und Blättern und viele andere Erscheinungen unserer Zeit „stehlen“ uns die Chancen zum Ruhe finden, zum Abschalten oder einfach nur zu  einem guten Gespräch in der Familie oder im Betrieb. Den Rest übernimmt das Freizeitverhalten unserer Tage. Kam er, so Schneider, in seiner Jugendzeit um dreiundzwanzig Uhr nach Hause, so ist es heute für junge Menschen ganz normal, wenn man zu dieser Zeit erst weggehe. Die Folge all dieser Erscheinungen ist, dass sich immer mehr Resignation in unserer Bevölkerung breit mache.
 
Mit einfachen Mitteln kann man dieser Situation wie früher nicht mehr begegnen, bekannte der erfahrene Referent. Auch mit traditionellen Werten ist den heutigen jungen Leuten nicht immer geholfen. Sie brauchen und suchen daher „Geländer“, an die sie sich orientieren können und diese sie dann in unsere Zeit übertragen müssen. Organisationen wie Parteien, Gewerkschaften oder auch Kirchen konnten mit dem raschen Wandel ebenfalls nicht Schritt halten. Sie werden daher zunächst weiter an Einfluss und Bedeutung verlieren.

Besonders in der Politik ist bei allen Parteien nur noch ein Hanteln von Wahl zu Wahl festzustellen, ohne ernst zu nehmende langfristige Absichten. Eine globale, also weltweite Betrachtung ist dazu sicher erforderlich, denn die Zukunft ist nicht in unserer Heimat alleine zu lösen, sondern nur weltweit, so der Redner. Aufgabe für die Zukunft für uns alle ist es, respektvoll miteinander umzugehen, auch über den eigenen Tellerrand einmal hinauszuschauen. Aufgeben wäre die sicher schlechteste aller Lösungen. Auszeiten, Entschleunigungen und Exerzitien waren immer schon eine gute Sache zum Besinnen und Abschalten und sollten daher auch heute neue Chancen erhalten.