Interview mit Pater Dr. Jacob Kudilumgal

Immenreuth. (mez) Am kommenden Sonntag verabschieden die beiden Pfarrgemeinden Kulmain und Immenreuth ihren Pfarrvikar Dr. Jacob Kudilumgal mit einem feierlichen Gottesdienst und einer Abschiedsfeier in der Immenreuther Mehrzweckhalle. Vier Jahre war Pater Jacob in der Seelsorgeeinheit zusammen mit Pfarrer Markus Bruckner tätig. Wir führten mit ihm ein Interview, bei dem wir unter anderem auch einen Blick in die Zukunft werfen.
 
Neue Tag: Pater Jacob, was fällt Ihnen spontan rückblickend zu Ihrer Zeit als Pfarrvikar in Immenreuth und Kulmain ein ?
Pater Jacob: In beiden sehr aktiven Pfarreien gibt es ein intaktes und sehr harmonisches Zusammenleben. Ich erinnere beispielsweise an den jährlichen KAB-Weihnachtsbasar in Immenreuth, zu dem nicht nur Mitglieder aus den beiden Pfarreien kommen, oder auch an die monatlichen Senioren-Nachmittage in Kulmain, die Arbeit der Pfadfinder dort und vieles mehr. Das ist leider nicht überall in Deutschland so. Dies ist deswegen ein sehr hohes Gut und es ist umso mehr hervorzuheben, wie gut es hier vor Ort läuft !
 
Neue Tag: Was werden Sie am meisten vermissen ?
Pater Jacob: Die Menschen, die hier leben und arbeiten. Das sind für mich einerseits die vielen Ehrenamtlichen mit denen ich zusammen arbeiten durfte und zu denen ich großes Vertrauen habe. Wie Sie wissen, bin ich aber auch ein leidenschaftlicher Spaziergänger und habe auch hier das Gespräch mit den Bürgern, die ich auf der Straße immer traf, ganz bewusst gesucht. Solche Unterhaltungen haben mich immer erfreut und mir persönlich oft sehr gut getan. 
 
Neue Tag: Wie war die Zusammenarbeit mit Pfarrer Markus Bruckner, den beiden Pfarrgemeinderatsgremien, sowie den vielen kirchlichen Institutionen ?
Pater Jacob: Die war super ! Pfarrer Bruckner ist in vielen Bereichen der gleichen Meinung wie ich. Er ist aber auch offen für andere Ansichten und akzeptiert diese auch. Die Pfarrgemeinderatssitzungen waren immer sehr locker und entspannt. Die Bereitschaft in beiden Gremien sich zu engagieren ist sehr hoch. Ich erinnere hier beispielsweise nur an die Primiz, die ich in Kulmain mitfeiern durfte. Das Engagement des gesamten Ortes war vorbildlich und man merkte den Leuten ihre ehrliche Freude am gemeinsamen Pfarrleben an.
 
Neue Tag: Was war Ihnen bei Ihrer Arbeit als Seelsorger besonders wichtig ?
Pater Jacob:  Ich erinnere hier gerne an das Johannes Evangelium, wo geschrieben steht: "Ich kenne die meinen und die meinen kennen mich". Dies soll im Grunde nichts anderes heißen, dass ich stets viel Wert auf den Kontakt mit den Menschen in beiden Orten legte. Und zwar bei allen möglichen Gelegenheiten, die sich mir boten. Sei es auf Festen, Veranstaltungen oder einfach nur beim Spazierengehen. Ich wollte mich dabei nie aufdrängen, aber jedem die Gelegenheit immer geben, sich auszutauschen.
 
Neue Tag: Woraus schöpfen Sie persönlich ihre Kraft für Ihr Wirken ?
Pater Jacob (lacht): Ganz einfach, aus der Überzeugung, die ich aus dem Glauben schöpfe ! Diese stärke ich durch mein tägliches persönliches Gebet und aus der Feier der Liturgie. Auch tausche ich mich  regelmäßig mit meinen Mitbrüdern meines Ordens "Vincentian Congregation" aus. Unser Orden ist zwar der zweitgrößte Orden indischen Ursprungs, zählt aber gerade mal rund vierhundert Priester. Mit denen im Bistum Regensburg ansässigen Mitbrüdern tausche ich mich dank Internet und Telefon regelmäßig aus über die tägliche Arbeit und Aufgaben. Auch hier merke ich oft, wie gut beide Pfarreien hier vor Ort aufgestellt sind.
 
Neue Tag: Wie sehen Sie die Zukunft unserer Kirchen in Deutschland, aber auch besonders hier bei uns ?
Pater Jacob: Es ist nicht alles so negativ, wie es viele sehen. Es gibt nicht nur bei den Kirchen, sondern überall im Leben immer ein Auf und Ab. Ich kann nur dazu animieren das Positive zu sehen. Vor allem viele junge Menschen suchen den Weg zu Gott - viele mehr als viele denken, auch hier vor Ort. Viele Lebenserfahrungen, darunter leider auch Schicksalsschläge, bringen den Menschen oft zum Nachdenken und Innehalten. Wer dabei aber denkt, Glaube ist ausschließlich Privatsache, der irrt. Denn dieser unterschätzt die Kraft und Dynamik, die sich erst in einer Gemeinschaft entwickeln kann. Ein guter Sänger braucht ein Publikum, ein guter Gärtner einen Garten, den alle sehen können - kurz: Der Glaube hat auch eine soziale Dimension, die sich in der Gemeinschaft ausdrückt.
 
Neue Tag:  Welche Tipps würden Sie uns als Kirche für die Zukunft mit auf dem Weg geben ?
Pater Jacob: Familienarbeit und die Erziehung von Kindern. Sie sind unsere Zukunft. Sicher war dies frühers einfacher, da die Kirche mehr im Mittelpunkt des Lebens stand. Der Pfarrer im Ort war nicht nur in Deutschland eine sehr hohe Respektsperson. Bei uns in Indien zum Beispiel war er im Ort der einzige Gelehrte, der Englisch konnte und somit jemanden ein Telegramm, dass immer in englischer Sprache übermittelt wurde, vorlesen und vor allem übersetzen konnte. Auch suchte man frühers viel öfters Rat bei einem Geistlichen. Heute ist vor allem in Deutschland der Wohlstand sehr hoch und man denkt, man hat ja alles. Da geht der Glaube und das Bewusstsein an das Wesentliche schnell verloren. Die Weitergabe von christlichen Grundtugenden wie Demut, Geduld oder Fleiß kann man nicht im Supermarkt oder im Internet für seine Kinder kaufen, man muss diese am besten vorleben.
 
Neue Tag: Was können wir in Immenreuth/Kulmain noch besser machen, was sollten wir uns abgewöhnen ?
Pater Jacob: Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Pfarreien weiter verstärken und den Weg in die Zukunft gemeinsam voranschreiten. Hier gibt es schon viele positive Beispiele anhand von gemeinsamen Ausflügen und Veranstaltungen, wie meine Verabschiedung am Sonntag in Immenreuth und die Begrüßung meines Nachfolgers in Kulmain. Mir fiel in den letzten vier Jahren erfreulicherweise auf, dass vor allem junge Familien mit der Seelsorgeeinheit kein Problem haben und an beiden Orten den Gottesdienst besuchen. (- Pater Jacob überlegt kurz und schmunzelt - ) Die Ministranten machen es uns hier eigentlich vor. Als ich vor kurzem einmal einige fragte, was der Aufdruck "Kulmarad" auf deren Trainingsjacken bedeute, teilten sie mir stolz mit, dass so beim Fußball die neue Spielgemeinschaft zwischen den beiden Sportvereinen Kulmain und Immenreuth gerufen wird.  
 
Neue Tag: Vielen Dank für das offene Interview. Wie und wo genau geht es ab September für Sie persönlich weiter?
Pater Jacob: Ich werde in der gleichen Funktion wie Pfarrer Markus Bruckner hier als Pfarradministrator in der rund 1.200 Seelen zählenden Gemeinde Weng in Niederbayern meinen Dienst antreten. Dies ist zwar ein kleiner Ort zwischen Landshut und Dingolfing, hat aber eine große Kirche und fünf Kapellen in denen regelmäßig Gottesdienste gefeiert werden. Auch ich möchte mich bereits an dieser Stelle bei allen Gläubigen für meine Zeit in Kulmain und Immenreuth mit einem herzlichen "Vergelt´s Gott" bedanken und wünsche Ihnen allen für die Zukunft ebenso alles Gute.